Einige Monate später und um viele Erfahrungen reicher. Das Anmeldeverfahren bei ElitePartner kam dem Aufwand einer Masterarbeit gleich, doch diese erste Hürde geschafft lag mir das Schlaraffenland zu Füssen. Einige hundert Männer, gross, klein, dunkel, blond, Handwerker oder Banker, tummelten sich auf der Spielwiese ElitePartner und warteten darauf erobert zu werden. No worries guys, here I come, um euch von diesem grauenvollen Los zu befreien! Ich fühlte mich wie ein Kind im Süsswarengeschäft, das sich zwischen all den bunten und überzuckerten Leckereien nicht entscheiden konnte. Ich war im Paradies.
Da ich Angst hatte, dass mich jemand erkennen könnte, was ja ziemlich peinlich werden könnte, habe ich selber kein Foto hochgeladen. Ich würde das Ganze mal anonym und unterschwellig testen. Deshalb konnte ich natürlich von niemandem erwarten, dass er mir sein Foto freischalten würde, was mir entgegen kam, da ich mir vorgenommen hatte, mich wertfrei in die inneren Werte eines Mannes zu verlieben und nicht in ein durchtrainiertes Sixpack. Naja, hätte der Auserwählte auch noch einen absolut knackigen Body, hätte ich nichts dagegen einzuwenden.
Als blutige Anfängerin in dieser Branche ging ich ganz pragmatisch und unerschrocken an diese Sache heran. Was hatte ich denn zu verlieren? Ich las mir einige Profile durch, bis ich bei einem in der Schweiz lebendem Südafrikaner hängen blieb. Die Exotik der Internationalität hat mich schon immer angezogen, weshalb also nicht Südafrika – ein Land wilder Tiere, geschichtlichem Interesse und das viele Möglichkeiten bietet, sich sozial zu engagieren (schon immer ein Traum von mir). Keine zehn Minuten nach meiner unglaublich eloquenten Email: „Interesting profile, do you want to meet?“ hatte ich eine positive Nachricht im Posteingang. Ein Kinderspiel…
Kurzer Einschub: Mit der Zeit musste ich allerdings feststellen, dass nur etwa 25 bis 50% der angeschriebenen Männer auch zurückschreiben. Für alle Frauen, die neu auf solchen Datingplattformen sind: Nehmt das nicht persönlich, es liegt nicht an euch! Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, auf jede Anfrage zu reagieren, auch wenn es eine nette Absage ist, in der ich ihm alles Gute wünsche. Doch nicht alle sind so. Ende Einschub.
Der Tag meines ersten Dates. Ich überlegte den ganzen Morgen lang, was ich am Abend anziehen sollte. Jeans – klassisch, aber etwas salopp? Kleid – feminin, aber zu aufgetakelt? Brille oder doch lieber Kontaktlinsen, damit ich nicht als Maulwurf abgestempelt werde? Tages-Make-Up oder etwas mehr auftragen? Das sind alles Entscheidungen, mit denen wir Frauen täglich zu kämpfen haben. Wisst ihr Männer eigentlich, wie anstrengend es ist, ständig passend lackierte Nägel zu möglichst vorteilhaften Kleidern zu tragen, die klugerweise die Schokoladeseite von einem hervorheben und nicht die Problemzonen? Ganz genau, ihr habt keinen blassen Schimmer. Und wenn ich es mir dann mal zu Hause im Schlabberlook gemütlich mache, kommt garantiert mein Vater vorbei und sagt mit gerümpfter Nase: „Wie siehst du denn wieder aus?“ Ich sag euch, er spürt es förmlich, wenn ich mich nicht zurecht gemacht habe.
Aber zurück zu meinem Dilemma. Ich zog also ein graues Kleid, schwarze Stiefel und einen orangen Schal an, diesen als Erkennungszeichen. Ihn könne ich ganz leicht ausfindig machen, da er normalerweise der einzige Schwarze weit und breit sei. Na gut, das Kerlchen hat Humor, ein Pluspunkt. Ich wartete also gespannt an der Bar auf meinen dunkelhäutigen Prinzen, als mir plötzlich in den Sinn kam, wie man sich wohl an einem Blind-Date begrüsst. Halte ich ihm professionell und für die Schweiz üblich die Hand hin? Umarme ich einen Wildfremden mit innerlicher Distanz? Weiter kam ich nicht, denn da stand er, ein Mann dunkler Hautfarbe in Anzug und Krawatte und küsste mich wie gang und gäbe drei Mal auf die Wange und stellte sich als Greg vor. Auf die Idee hätte ich selbst kommen können!
Wir verliessen das Lokal ohne etwas zu bestellen, was mir super peinlich war und ich das dem Kellner mit einem entschuldigenden Augenaufschlag zu erkennen gab, um im Tibits essen zu gehen. Wir legten die kurze Strecke zu Fuss zurück, wobei ich vor Schreck fast stolperte. Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Gregs Schuhe waren aus braunem Leder, was so weit ganz ok war, aber vorne unendlich lang spitz zulaufend. Ich weiss nicht, wie Männermodeexpertinnen darüber denken, aber mich erinnern solche Schuhe immer an Clowns-Latschen. Na gut, Fassung bewahren! Schliesslich sind Schuhe noch lange kein Auswahlkriterium.
Wir sassen uns also im Tibits gegenüber und sprachen über Afrika, Nashörner, die Schweiz, den Beruf, naja halt so die gängigen Erst-Date-Themen. Während ich versuchte eine halbwegs anständige Konversation in Gang zu bringen, blickte mein Date alle drei Minuten auf sein Natel, was mich verständlicherweise leicht irritierte. Ich müsse entschuldigen, aber es sei ihm wichtig die Börse für seine Kunden im Auge zu behalten. Echt jetzt? Ich war mal mit einem Arzt liiert, der zu jeder Tages- und Nachtzeit innerhalb von 20 Minuten in seiner Praxis sein musste, um Leben zu retten, dem ich volles Verständnis entgegenbrachte. Aber Aktienmärkte? Nicht dass ein Börsencrash auch Leben ruinieren könnte, aber ich hatte eine leise Vorahnung, dass an jenem besagten Abend wohl keine grossen Schwankungen beim Dow Jones vonstatten gehen würden… Und es kam noch besser. Als meine Begleitung dann auch noch sagte, dass man von jemandem, der in der obersten Steuerklasse sei, erwarten könne, 24 Stunden am Tag erreichbar zu sein, verschluckte ich mich fast an meinem vegetarischen Tatar. Obwohl ich zuerst googeln musste, ab welchem Einkommen man die Ehre hat, in der obersten Steuerklasse zu sein, war mir da schon klar, dass das erste auch das letzte Date mit Greg sein würde.
Nach wie vor suche ich keinen Sponsor für hochkarätige Diamant-Colliers (obwohl diamonds are a girl’s best friend, wie es so schön heisst), sondern einen Partner auf gleicher Augenhöhe, der mit mir lacht und weint, der mich braucht und für mich da ist, wenn ich ihn brauche und der nicht beim Vibrieren seines Handys in Ekstase gerät, sondern wenn er meine Liebe für ihn in meinen Augen erblickt. Ich bin so frei und suche mir eine neue Süssigkeit aus.